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Ich grüße Sie alle.
Als ich Sie kommen sah … mit den Plakaten … das hat mich echt berührt ... dass es noch Menschen gibt.
Ich bin heute hier, um meine Stimme zu erheben gegen Krieg.
Und zwar gegen den Krieg Russlands gegen die Ukraine. Aber auch gegen den Krieg der USA und der EU gegen Russland.
Ich bin entsetzt und empört über die wachsende Kriegslust erneut in Deutschland. Und ich muss sagen, die, die das politisch zu verantworten haben, sind nicht meine Regierung. Und die Außenministerin ist nicht meine Außenministerin. Ich schäme mich für das, was diese Frau so sagt.
Seitdem es Kriege gibt, gibt es eine Diskussion, ob es überhaupt einen gerechten Krieg gibt oder geben kann. Es wird dann bei dieser Diskussion unterschieden zwischen einem Angriffskrieg und einem Verteidigungskrieg. Eine solche Moralisierung in gute und böse Kriege teile ich nicht. Das heißt: Für mich gibt es keinen gerechten Krieg. Ein Krieg wird immer befohlen, angeordnet und erwünscht, dass andere Menschen getötet werden. Für mich gibt es bei der Überlegung – eines gerechten Krieges – den Unterschied zwischen der Notwehr, die wir kennen bei persönlicher Bedrohung. Aber das ist etwas anderes. Wenn ein Krieg befohlen wird, der nur von denen befohlen wird, die selber nie in den Krieg ziehen und zu verantworten haben, dass andere für ihre Interessen getötet werden.
Dieses Töten geschieht dann für Machtansprüche, für Geltung, für Geld, für Profit, für Ländereien, für Besitzansprüche. Und das ist etwas anderes, als die persönliche Notwehr.
Es geht also im Krieg immer um Tod und Töten.
Als Psychotherapeut, der ich ja nun über 50 Jahre bin analysiere ich die Grundlage menschlichen Verhaltens. Und zwar, was brauchen Menschen, um überhaupt friedensfähig zu sein. Und was sind das für Menschen, die eine Kriegslust entwickeln, eine Kriegsbegeisterung. Dabei muss man acht geben, damit man nicht die geäußerten Meinungen, also die Lippenbekenntnisse ernst nimmt. Denn wir wissen alle, wir kennen das noch, als es jahrzehntelang hieß: „Nie wieder Krieg“! Wir wissen, dass das oft nur Heuchelei ist, ein bloßes Lippenbekenntnis.
Es sind oft dieselben Leute, die das bisher gefordert haben, aber heute wieder dabei sind, in den Krieg ziehen zu wollen – die typischen Wendehälse.
Oder, wer im „Kampf gegen Rechts“, vor allem nur Mittel der Hetze, der Diffamierung der Denunziation gegen Andersdenkende einsetzt, ist selbst vom Hass besetzt und verkörpert selbst Extremismus. Wer beteuert, für den Frieden zu sein, dabei aber bereit ist, Waffen zu liefern oder die Lieferung von Waffen zu befürworten, der versucht, seine eigene Lust am Krieg irgendwie zu verbergen, zu vertuschen, zu bemänteln. Es ist bei diesen Menschen, die Waffen liefern, immer auch damit zu rechnen, dass sie in der Tiefe eine Kriegslüsternheit haben.
Wie entsteht Kriegslust?
Kriegslust halte ich immer für eine Krankheit, für eine psychosoziale Verstörung. Kriegslust entsteht in Menschen, die in ihrer früheren Entwicklung traumatisiert wurden. Das sind leider, leider, sehr viele. Aufgrund der schlechten und defizitären Betreuungsbedingungen der Kinder in unserer sogenannten modernen Welt.
Eine frühe Traumatisierung ist immer mit berechtigter Empörung, mit Wut verbunden, die aber nie gelebt werden darf gegen die eigentlichen Verursacher. Das sind die Eltern. Das sind die Lehrer. Das sind die Experten. Das sind die Politiker, die eine solche kinderfeindliche Politik betreiben und durchsetzen. Am Ende haben wir Kinder, die nicht mehr wissen, wer sie wirklich sind, was sie können und wollen, sondern die gelernt haben mussten, was sie sein sollen, was die Eltern, die Lehrer, die Gesellschaft von ihnen will.
Solche Menschen leben im Gefühlsstau, die ihre berechtigten Aggressionen nicht zum Ausdruck bringen durften, aber dann im Erwachsenenleben in der Regel darauf warten, bis sie endlich sich abreagieren können. Dann wird letztlich ein Partner, ein Freund, ein Arbeitskollege, ein Vorgesetzter, ein Nachbar zum Feind, der irgendetwas hat, über das man sich ärgert, an dem man sich dann abreagieren kann. Und in der gesellschaftlichen Normopathie, einer gesellschaftlichen Fehlentwicklung, in der wir uns befinden, braucht es dann schnell einen äußeren Feind.
Wir kennen das in Deutschland seit Jahrzehnten. Es gab „Den Erzfeind“. Es gab „Den Klassenfeind“. Es gab „Die Juden“. Es gab „Die Imperialisten“. Es gab „Die Kommunisten“. Und heute sind es schon wieder leider „Die Russen“, die als Feind gebraucht werden, um sozusagen die selbstgemachte Krise unserer westlichen Gesellschaft nicht wahrnehmen zu müssen und dann die Schuld auf Außenfeinde zu projizieren.
Und im Kleinen wissen wir alle: In den letzten Jahren ist der Ungeimpfte, der Kritiker gegen die Pandemie, sind die Kritiker gegen den Krieg im Grunde genommen die Feinde. Diese werden als Verschwörungstheoretiker, Esoteriker, Covidioten, Querdenker usw. beschimpft.
Verschwörungstheoretiker
Ich will Ihnen etwas sagen zu den sogenannten Verschwörungstheoretikern. Ich empfehle Ihnen, ich mache das auch so, sich an den Verschwörungstheoretikern zu orientieren. Das sind immer Menschen und Positionen, die eine Wahrheit vertreten, die die Mehrheit nicht wahrhaben will, vor allem nicht die politisch Mächtigen.
Mir geht es darum herauszufinden, was dahin führt, welche Eigenschaften es sind, die Menschen feindselig gegen Andersdenkende werden lässt. Die sogenannten Verschwörungstheoretiker sind immer Menschen, die eine Wahrheit, eine Teilwahrheit verkörpern. Aber es lohnt sich, auf sie zu hören, auf sie zu achten, um etwas von dem zu verstehen und zu wissen, was gerade nicht gewusst sein soll, was nicht bekannt werden soll. Deshalb müssen wir uns daran orientieren.
Grundlage der Friedensfähigkeit
Was ist auf der anderen Seite die Grundlage der Friedensfähigkeit? Für mich ist Friedensfähigkeit gleich Liebesfähigkeit. Und wir wissen alle in der christlichen Erziehung: „Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst“. Aber ich weiß als Psychotherapeut, wie schwer das ist, sich selbst zu lieben.
Und warum ist das so schwierig? Weil, wie gesagt, die meisten als Kind nicht bestätigt wurden in dem was sie sind, was sie sein könnten, was sie werden könnten, sondern immer nur für das Tun und Lassen, wozu sie verpflichtet wurden. Und damit werden moralische, politische und auch religiöse Forderungen gestellt, die dazu führen, dass der Mensch von sich entfremdet wird, damit auch von seiner Liebesfähigkeit, von seiner Friedensfähigkeit. D.h. der so behandelte, abhängige, nicht selbstbewusste Mensch ist zur Liebe und damit zum Frieden nicht fähig.
Was macht man dann? Statt Liebe fängt man an, sich zu verlieben. D.h. man erwartet von anderen Menschen jetzt endlich das zu bekommen, was man in der frühen Kindheit nicht bekommen hat. Oder man erklärt andere zum Feind, die jetzt das abkriegen, was eigentlich in der frühen Entwicklung gegen die Eltern, Erzieher und Lehrer hätte gerichtet werden müssen.
Und der Friede, der dann behauptet wird, ist in der Regel nur noch ein Lippenbekenntnis, eine Heuchelei, Propaganda, was deutlich wird, wenn man sagt: Wir sind für den Frieden und liefert doch Waffen.
Nach außen Frieden propagieren, aber aus der seelischen Tiefe, aus dem Gefühlsstau heraus Aggressionen mit Waffenlieferungen abreagieren.
Nur der autonome Mensch ist zum Frieden überhaupt fähig.
D.h. dann kann man sagen, dass der Großteil der politischen Klasse weder liebesfähig noch friedensfähig ist. Und das ist im Grunde genommen die bitterste Erfahrung, die ich jetzt in diesem Jahr wieder machen musste.
Was heißt Friedensfähigkeit?
Friedensfähigkeit heißt zuhören können, verstehen wollen. Wenn heute jemand zu mir kommt und sagt, als Schimpfwort, ich sei z.B. ein „Putinversteher“, dann fühle ich mich in Wirklichkeit geehrt. Denn es ist ja meine Pflicht, andere Menschen auch verstehen zu wollen. Verstehen wollen heißt ja nicht, einer Meinung zu sein, heißt nicht zuzustimmen. Sondern ich gehe davon aus, dass da Menschen sind, die verstanden werden müssen.
Erst wenn ich den Anderen prinzipiell akzeptiere und in seiner Position zu verstehen bereit bin, kann ich in den Austausch gehen mit meinen Argumenten.
In einer demokratischen Gesellschaft gibt es eine klare Grenze dessen, was man tolerieren kann und gegebenenfalls muss. Das eine regelt das Strafgesetzbuch, das andere das Einweisungsgesetz der Psychiatrie. Wer sich strafbar macht, der wird zu verurteilen sein. Und wer krankhafte Ideen hat, der wird behandelt werden müssen. Alles andere dazwischen ist im Grunde genommen freie Meinungsäußerung. Und die haben wir spätestens seit zwei bis drei Jahren verloren.
Die Frage, ob Waffen zum Angriff oder zur Verteidigung verwendet werden, ist vor allem eine politische Fragen, keine menschliche. Aus der Sicht der Menschlichkeit geht es in beiden Fällen - ob Verteidigung oder Angriff - um Töten. Kriegspropaganda bedient sich immer einer primitiven Spaltung in Gut und Böse. Wir, d.h. die eine Seite, sind die Guten, die anderen die Bösen.
Und so kommen solche Absurditäten zu Stande, dass auf der einen Seite gefallene Soldaten als Helden betrauert werden und auf der anderen Seite getötete Soldaten als Unmenschen bezeichnet werden und ihr Tod gefeiert wird. Man muss sich diese Absurdität in einem christlichen Abendland wirklich vor Augen führen. Wo sind wird denn hingekommen, dass der Tod auf diese Weise die Menschen spaltet in die guten und die bösen Toten.
Wo sind wird denn hingekommen, dass der Tod auf diese Weise die Menschen spaltet in die guten und die bösen Toten.
Wer für Waffenl ieferung ist, ist für Töten.
Ein Mensch, der für Waffenlieferung eintritt, kann nicht in Liebe sein. Und wer daran glaubt, mit Waffen Frieden schaffen zu können, tötet mit der Illusion eines Selbstbetruges.
Ich komme nun zur Hauptaussage meiner kurzen Rede.
Ich bin mir der Brisanz dieser Aussage bewußt, nehme erst mal kurz Deckung hinter zwei prominenten Aussagen. Dabei berufe ich mich als erstes auf Erasmus von Rotterdam aus dem Jahre 1517, der in einer berühmten Rede nämlich der Querela Pacis folgendes gesagt hat:
„Jeder noch so ungerechte Frieden, jeder noch so ungerechte Friedenszustand ist dem scheinbar gerechtesten aller Kriege vorzuziehen.“
Papst Pius XII - während des Zweiten Weltkrieges:
„Wenn die Schäden, die ein Krieg nach sich zieht, unvergleichbar größer sind, als die der geduldeten Ungerechtigkeit, kann man verpflichtet sein, die Ungerechtigkeit auf sich zu nehmen.“
So antworte ich in der Deckung dieser beiden Zitate auf den Krieg von heute: Es geht also offensichtlich für westliche Politiker darum, Krieg, also Tod statt russische Besatzung zu akzeptieren. Und für die russischen Politiker geht es offensichtlich darum Krieg, und damit Tod statt amerikanische Vorherrschaft zu tolerieren. Aber Tod und Besatzung ist nicht gleich wie die Wahl zwischen Cholera oder Pest, sondern, es ist die Wahl zwischen Tod oder Leben.
Und für mich persönlich – ich meine, ich habe 45 Jahre DDR mitgemacht - ist Besatzung, Unterwerfung, Vorherrschaft dem Tod vorzuziehen, weil Leben bleibt. Und wenn Leben bleibt, egal unter welchen Bedingungen, bleibt auch die Liebesmöglichkeit und die Chance für eine menschliche Beziehungskultur.
Ich erhebe also meine Stimme hier gegen Krieg und für die Friedensfähigkeit und schließe mich den Forderungen an:
- Stopp aller Waffenlieferungen,
- unbedingt diplomatische Bemühungen um Waffenstillstand und
- Friedensverhandlungen ohne Vorbedingungen.
- zumindest: Rücktritt der Außenministerin und der Kriegstreiberin Strack- Zimmermann
- Ende der Kriegspropaganda in den öffentlich-rechtlichen Medien zu Gunsten von Friedensinitiativen, die nicht genug sein können und
- endlich eine offene Debatte über das Für und Wider.
Es tut mir leid, wenn ich Ihnen sagen muss, dass ich nicht mit einem baldigen Frieden rechne. Dafür sind die politischen Führer, die Machthaber zu gestört, zu verstört, als dass sie Einsicht hätten in eigene Fehler. Und das ist eigentlich eine bittere Aussage. Und was ebenso schlimm ist, weil ich überzeugt bin, dass der Krieg gerade gebraucht wird, um von den Krisen sowohl der westlichen Welt, aber auch des russischen Systems abzulenken und ein Feindbild zu brauchen, um sozusagen dann den Krieg stellvertretend zu führen.
Ich kann aber trotz aller Ohnmacht, trotz meiner Verzweiflung – die ich wirklich habe - und auch Angst kann ich Beziehungskultur leben. Und wenn es nur eine kleine Parallelgesellschaft ist, so wie hier oder mit Freunden, die zwei, drei, die man hat, wo man anderes leben und denken kann, als es politisch korrekt gefordert wird. Dafür plädiere ich auf jeden Fall, mag kommen, was will. Beziehungskultur kann uns keiner nehmen. Beziehungskultur heißt für mich: Wir müssen miteinander reden ohne Bewertung ohne Kritik, ohne Vorurteile und muss zuhören, dass ich wirklich verstehen kann, was der andere mir sagt, und nicht nur das höre, was ich hören will.
Das Verstehen schafft eine Basis dafür, auch bei unterschiedlichen Positionen immer noch zusammen bleiben zu können.
Liebe Damen und Herren, Freunde,
es gibt keine andere Möglichkeit, als sich zu äußern, seine Stimme zu erheben, deutlich zu machen: Das ist nicht mein Krieg. Ich bin überhaupt nicht für diesen Krieg. Ich bin überhaupt nicht für Krieg. Ich tue alles, um die Gründe zu verstehen, die Menschen in den Krieg treiben, weil sie seelisch Verletzte und seelisch Verstörte sind. Kriegstreiber verbergen sich oft hinter einer blendenden Fassade. Aber in der seelischen Tiefe sind sie voller Hass und Hetze und brauchen dann den Krieg, wenn die normopathische Gesellschaft, an die sie sich angepasst haben, in die Krise kommt.
Dagegen müssen wir uns wehren. Dagegen müssen wir die Stimme erheben.
Ich freue mich deshalb, dass Sie mir zuhören, dass Sie das gleiche denken.
Vielen Dank.