[von Ute]
"Stehende Ovationen für den Kabarettisten Uwe Steimle im voll besetzten Steintorvarieté"
hätte die Schlagzeile lauten können – oder so:
"Was für Botschaften für eine friedliche und freiheitliche Welt"
Ich hatte Glück, ich hatte eine Eintrittskarte. Ich möchte Euch ein Stück mitnehmen in diesen Abend und hoffe, ich kann Euch einen kleinen Eindruck davon vermitteln.
Um angemessen für diesen Abend gekleidet zu sein, stand auf meinem T-Shirt: "Schön, dass DU da bist!"
Empfangen wurden die Zuschauer draußen vor dem Steintor von der lautstarken "Halle-gegen-Rechts-Sekte", auf deren Bannern zu lesen war: "Keine Bühne für Menschenfeinde".
Viele Zuschauer waren echt verblüfft von diesem Gedöns, wandten sich konsterniert ab. Auf den Weg gemalt hatte jemand – wohl etwas zutreffender: "Halle gegen Recht".
Laut MZ protestierten 140 Hallenser gegen den Auftritt. So ein großzügiges Aufrunden – nein – Hochrechnen würde ich mir auch mal für die Montagsdemonstrationen der Bewegung Halle wünschen.
Beim Einlass hatte ich Gelegenheit, Rudenz Schramm anzusprechen: Toll, dass er sich dem Druck standgehalten und Steimle nicht ausgeladen hat. Weniger toll das Durchziehen von 2G bei der Weihnachtsrevue 2021 und das Ausgrenzen. Das sei für die Gesundheit und es seien insgesamt 30.000 Zuschauer da gewesen, entgegnete er mir.
Und dann ging es los: Nach Willkommensrufen durch die Zuschauer im vollen Saal, erklang die "Kleine weiße Friedenstaube" - die Zuschauer singen aus voller Kehle mit. Ich habe ein wenig das Gefühl, dass ich endlich mal denken, fühlen und laut singen darf über das, was mich am meisten umtreibt - die Sehnsucht nach Frieden.
Ich weiß nicht, wie Valentin Hacken (von "Halle gegen Rechts") darauf kommt zu behaupten, das Steintor hätte einen Hotspot für extreme Rechte geschaffen. Ich glaube, der hört einfach nur nicht hin. Es ging Uwe Steimle auh nicht, wie die MZ schreibt, um Anekdoten aus seinem Leben und der DDR-Geschichte. Es ging um das Hier und Heute, um Demokratieverständnis von Politikern, um "ohne Frieden ist alles nüscht", um die Unverschämtheit, Steimle mit Rechtsextremismus in Zusammenhang zu bringen, um den friedensstiftenden Sinn der Drushba-Erdöl-Leitung, um Gauck und "Frieren für die Freiheit", um Zensur und Wahrheit, um Vergessen und Erinnern.
Steimle zitiert Gauck: "In der Diktatur dient das Abhören von Menschen deren Einschüchterung. Aber in der Demokratie, da dient Abhören von Menschen dem Schutz der Menschen". Und weiter: "Das Problem in Deutschland sind nicht die Eliten. Das Problem in Deutschland ist das Volk." Und der Kaberretist fragt, wie es denn wäre, wenn Journalisten Herrn Gauck fragen mal würden, wie er das meine. "Ein guter Journalist, der tritt nach oben und nicht nach unten".
Weitere Themen auf der Bühne:
Volk - Heimat - Vaterland ... - "um Gottes willen!". Sprache und Dialekt. Ohne Heimat ist es furchtbar. Er zitiert eine Psychologin aus den 30er Jahren: "Die Entwurzelung ist die gefährlichste Krankheit der menschlichen Gesellschaft. Wer entwurzelt ist, entwurzelt. Wer verwurzelt ist, entwurzelt nicht. Und so gesehen ist die Verwurzelung das wichtigste und das am meisten verkannte Bedürfnis der menschlichen Seele".
Krieg und Frieden: Wie Journalisten die Politiker vor sich hertreiben mit der Frage, wann endlich schwere Waffen in die Ukraine geliefert würden. Steimle: „Wer schwere Waffen liefert, der hat schwer einen an der Waffel". Er zitiert Lothar Bölck: "Jeder, der für die Lieferung schwerer Waffen gestimmt hat, der sollte sich persönlich für sich und seine Familie den Marschbefahl abholen und an die Grenze marschieren." "Wir werden nicht vergessen, dass die Russen 26 Millionen Menschen Blutzoll gezahlt haben, um uns hier in Deutschland vom Faschismus zu befreien. Das vergessen wir einfach nicht."
Auch Frau Baerbock ist Thema: "Hat man sie jemals drei Sätze gerade aus sprechen hören? ... Das passiert, wenn man schneller spricht als denkt. ... Um frei sprechen zu können, muss man frei denken können."
Und dann noch mal im großen Chor mit den Zuschauern: "Die Gedanken sind frei".
Weiter gehts mit dem Gender-Irrsinn. "Man kann es kurz machen: letztendlich ist das alles nur Ablenkung vom Klassenkampf ... Sprache wird niemals von oben ..."
"Die Gaspreise explodieren" - ja, sagt Steimle: "Gaspreise explodieren, Hirne implodieren und Herzen verstummen." "Mittlerweile ist sagbar in unserem Land, war vor einem viertel Jahr nicht denkbar war, dass man es überhaupt denkt: Putin schlimmer als Hitler ... Und es beginnt immer mit Sprache." "Wenn bei einem Menschen am Haus steht: 'Putins Sau töten', dann ist das einfach nur noch infam und ganz furchtbar. Wir wollen keinen Extremismus von keiner Seite. Ein Mensch ist ein Mensch ist ein Mensch. Es geht nicht, dass man sagt: Kauft nicht beim Russen."
Die Grünen hatten im Herbst den Wahlslogan "Jede Zeit hat ihre Farbe" ... Hä? Was soll denn das bedeuten? Sie waren einmal eine Friedenspartei ...
Und als Anspielung auf ihren Namen sagt er: "Wenn Frau Göring-Eckardt Verteidigungsministerin würde ..."
Ganz kurz will sich Steimle auch noch mal zu Corona äußern - "Mehr braucht man dazu nicht zu wissen: Die Geschützten müssen vor den Ungeschützten geschützt werden, indem man die Ungeschützten zwingt, sich mit dem Schutz zu schützen, der die Geschützten nicht schützt."
Und noch mal zum Thema "Die Grünen und die Bundeswehr": "Die Nato soll ökologisch werden. Hä? Was soll das sein? Wahrscheinlich Bio-Waffen? ... Und was sind denn jetzt Verteidigungswaffen? Wahrscheinlich 'ne Gulaschkanone ... Krieg ist immer Scheiße. Man muss auch prüfen, was einem die Nachrichtensprecher um die Ohren hauen: 'Die russische Luftwaffe hat auch in dieser Nacht Kiew bombardiert, ' - die Millionenstadt Kiew - 'Ein Toter.' Also das lief in Dresden damals ganz anders ... Es geht hier nicht ums Aufrechnen: Krieg ist immer Scheiße. Drum sage ich: 'Fangt so 'ne Scheiße gar nicht erst an. BedenkT das Ende - oder: Der Klügere gibt nach! Deswegen der Appell: Lasst nicht noch mehr Menschen sterben für sinnlose Kriege! Putin und Biden sollten sich treffen."
Und noch einmal stimmt der Zuschauerchor ein: "Und wir lieben die Heimat die schöne, und wir schützen sie, weil sie dem Volke gehört, weil sie unserem Volke gehört". Steimle abschließend: "Olaf Scholz, hörst Du das?"
Tosender Zwischenapplaus.
Steimle weiter: "Eine Gesellschaft, die anfängt, ihre Kasper zu köpfen ... da liegen die Nerven blank! ... Gedankenfreiheit ist die Hauptschlagader einer Demokratie. Und wenn die beschädigt wird, dann droht der Infarkt. ABer allein, dass der Saal voll ist und Solidarität zeigt, lässt aufatmen. Kasperpuppen werden geführt von unten, nur Marionetten werden gelenkt von oben."
Steimle trägt ein Gedicht vor, ich nenne es mal
Tugendwächter
"Sie durchwühlen die Archive,
streichen hier, markieren dort
argwöhnisch wie die Detektive,
böse Wörter müssen fort.
Denn sie fürchten, dass versteckt
ist in des Worts vertrauten Klang,
was politisch nicht korrekt
ist, freies Denken ohne Zwang.
Bücher werden umgeschrieben,
heut ist Pippi Langstrumpf dran.
Morgen suchen sie bei Goethe,
was man dort verändern kann.
Ob bei Schiller oder Hegel,
ob bei Heine oder Kant,
sicher findet sich ein Flegel,
der ein böses Wort verbannt.
Ja, sie würden, wenn sie könnten
auch die Bibel revidier'n.
Oder wenigstens verbieten,
daraus weiter zu zitier'n.
Sselbst ernannte Tugendwächter
maßen sich ein Urteil an,
das man nur noch mit Gelächter
und mit Spott quittieren kann.
Lasst euch nicht den Mund verbieten,
Leute, redet wie ihr wollt!
Auch wenn hochbezahlte Nieten
meinen, dass ihr das nicht sollt!"
Am Ende gibt uns Steimle noch folgendes mit auf den Heimweg:
"Was ist Frieden? Frieden ist nicht nur die Pause zwischen zwei Kriegen, Frieden ist weitaus mehr, Frieden ist das Gesetz menschlichen Lebens, Frieden ist dort, wo wir recht handeln, und wo zwischen jeden einzelnen Menschen und jedem Volk der Welt Gerechtigkeit herrscht. Und solange es in unserem Land noch irgendwie an Demokratie erinnert, immer dafür eintreten, dass die Demokratie nicht auf den Hund kommt!
Danke an die Zuschauer, danke an die Sicherheitskräfte, und danke an Herrn Schramm. Respekt!"
Nach der Vorstellung bin ich zur Bühne, weil ich ein Autogramm auf mein schönes T-Shirt haben wollte. Es gab keine Autogramme, vielleicht "das nächste Mal wieder", vertröstete man mich. Das Ganze Tohuwabohu rund um diesen Auftritt war eben auch für Uwe Steimle sehr kräftezehrend.
Vielen Dank für diesen tollen Abend gespickt mit so wichtigen Botschaften!